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Demographischer Wandel in Deutschland – Chancen und Risiken für die Versicherungsbranche

Die Versicherungswirtschaft ist eine der tragenden und grundlegenden Sparten in Deutschland. Sie trägt nicht nur zur Stabilität des volkswirtschaftlichen Kreislaufes und einer verlässlichen Lebensplanung durch Risikoreduktion und Schadenausgleich bei. Sie legt zudem den Grundstein für Innovationsfähigkeit in zukunftsorientierten Unternehmen. Mit rund 157,9 Milliarden Euro Beitragseinnahmen durch ca. 425 Millionen Verträge laut Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), sind die deutschen Sozialversicherungen also maßgeblich an unserer Zukunftssicherung und Wirtschaftlichkeit beteiligt.

Deutschland wird immer weniger und immer älter

Neben Gesetzgebung, Globalisierung und zunehmenden technischen Fortschritten stellt besonders eine Entwicklung die Versicherungsbranche vor existenzielle Hürden: der unaufhaltsame demografische Wandel. Bereits heute hat Deutschland einen enormen Geburtenrückgang zu verzeichnen. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) stand die Geburtenzahl bereits nach 1970 mit mehr als 10 Millionen Kindern im Rückstand. Somit musste die Babyboom-Generation im erwerbsfähigen Alter nur für wenige Kinder und wenige Senioren aufkommen.

Haben wir also bislang von den Entwicklungen profitiert, so stehen wir jedoch schon bald vor einschneidenden Veränderungen. Nicht nur, dass unsere Bevölkerung immer älter wird (2050 wird das Verhältnis der mindestens 65-Jährigen zu den 20 bis 64-Jährigen voraussichtlich bei 60-64 % liegen), laut aktueller Berechnungen durch das Statistische Bundesamt muss bis zum Jahr 2050 mit einem Bevölkerungsrückgang um etwa 7 Millionen Menschen gerechnet werden.

Dass wir diesen zurzeit noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen haben, mag zum einen an der steigenden Lebenserwartung liegen, zum anderen an der starken Zuwanderung aus dem Ausland. Doch auch die geburtenreichen Babyboomer werden irgendwann älter.

Zukünftige Herausforderungen – eine Bedrohung für das Sozialsystem?

All dies erfordert dringlichen Handlungsbedarf, besonders von Seiten der Versicherungsbranche. Sie muss sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen; mit dem Bevölkerungsrückgang verringern sich auch die Versicherungsnachfrage, die Kapitalmarktbedingungen und die Personalstruktur. Infolge der erwarteten Verdreifachung der älteren Generation und der Drittelung der arbeitenden Bevölkerung verändert sich mit der Kundenstruktur auch die Bedarfslage. Das „Segment Senioren“ wird zunehmend zum Bedeutungsschwerpunkt für die Marktausrichtung werden. Die Behandlung eines älteren Patienten kostet die Krankenkassen jedoch im Schnitt fast fünf Mal so viel, wie die eines erwerbstätigen und das gesetzliche Krankenkassensystem (GKV) ist nicht auf finanzielle Rücklagen ausgelegt. Das Umlageverfahren, in dem die jüngere Generation die ältere finanziert, wird also enorm ins Wanken geraten.

Mögliche Strategien und welche Rolle die Digitalisierung dabei spielt

Klar ist, dass das aktuelle System mit den veränderten Spielregeln des demografischen Wandels auf Dauer keinen Bestand garantiert. Um unsere Perspektiven und Lebensabsicherungen aber auch weiterhin zu gewährleisten, müssen die Strukturen an die Veränderungen angepasst werden. Das bedeutet vor Allem ein Umschwenken auf das horizontale Kapitaldeckungsverfahren, in dem jede Generation ihre eigenen Leistungen finanziert. Außerdem wird sich die Versicherungswirtschaft an der Vorgehensweise der privaten Krankenversicherungen (PKV) orientieren müssen, die zusätzliche Rücklagen für finanzielle Engpässe im Gegensatz zur GKV vorsieht.

Ein weiterer Schwerpunkt ergibt sich aus Umfragen durch den Digitalverband BITKOM. Demnach ist mit 24 % jeder vierte Internetnutzer ab 65 Jahren und jeder fünfte über 80 Jahren grundsätzlich bereit, sich online von einem Arzt beraten zu lassen. Zwar ist diese Entwicklung noch von dem Fernbehandlungsverbot eingeschränkt, jedoch wird die Digitalisierung in dieser Form von enormer Bedeutung für das Bewältigen der Herausforderungen durch den demografischen Wandel sein, so Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des BITKOM.

Besonders in dünn besiedelten, medizinisch unterversorgten Regionen und für chronisch Erkrankte soll die Beratung per Videochat und Übermittlung von Daten mittels Internettechnologien Wegbereiter der digitalen Rüstung für die Versicherungsbranche sein.

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